Wood Loop: Ein Werkstoff auf der Suche nach der freien Form

Text zur Ausstellung
KULTUR Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft 1.7.2014

Ausstellung vom 25. Jänner 2014 bis 26. April 2014

„Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann.“1 Dieser Aphorismus des französischen Künstlers Francis Picabia beschreibt ausgezeichnet Haltung und Anspruch der aktuellen Ausstellung im Werkraum Bregenzerwald.
Wie bringt man Holz in eine freie Form, ohne es zu brechen? Wie lässt sich über Holz in handwerklicher Weise nachdenken und philosophieren? Die Ausstellung „wood-loop“ fasst in anschaulicher und didaktischer Form die Geschichte und den aktuellen Entwicklungsstand einer Bearbeitungstechnik zusammen. Mit Ihren umfassenden Darstellungen und verschiedenen technischen Neuheiten bietet sie reichlich Stoff für Handwerker und Gestalter, um über den Werkstoff Holz und seine Formgebung grundlegend nachzudenken, wird aber sicher auch Neugierige und Interessierte ohne besondere Vorkenntnisse begeistern.

Die Ausstellungsidee wurde für das Gewerbemuseum in Winterthur vom Dozenten und Gestalter Serge Lunin zu einer Ausstellung entwickelt, die für den Werkraum von Serge Lunin, sowie Martin Bereuter, Renate Breuss vom Werkraumteam von überarbeitet und mit regionalen Exponaten und Handwerkstechniken ergänzt wurde. Die Suche nach regionalen Bezügen war Anlass dafür, dass verschiedene Handwerker und Handwerkstechniken für dieAusstellung gewonnen werden konnten. Darunter die Gebrüder Johler mit dem Rodelbau , Peter Lässer, ein Küfer, sowie der Sportbogen- und Gitarrenbauer Norbert Hammerer.

Eine riesige Holzschleife im Werkraumhaus integriert in der Ausstellung als eindrucksvoller Träger die verschiedenen Inhalte.

Das Holz und das Runde.
Freie und gerundete Formen nehmen seit jeher eine besondere Stellung in der Holzverarbeitung ein.
Die meisten Holzarten bestehen in ihrer Struktur aus gerichteten Bündeln von porös wasserführenden und langgestreckten, organischen Zellen mit unterschiedlichen Eigenschaften in Längs-, Quer- und Radialrichtung. Diese Bündel werden mit zunehmender Stärke zäh und unbeugsam. Als junges Holz, bei hohem Wassergehalt oder in schlanken Querschnitten ist es dennoch elastisch und verformbar. Dadurch ermöglicht es wie kaum ein anderes Naturmaterial eine Vielzahl von Anwendungen und Verarbeitungen.
Um Holz innovativ und überraschend in Form zu bringen, wurden vielfältige Verfahren entwickelt, die sich in unterschiedlichen und teils sehr alten Handwerkstechniken wiederspiegeln. Die unregelmäßigen, da natürlichen Materialeigenschaften haben ihm stets ein ambivalentes Verhältnis zur industriellen Verwendung beschert. Umso faszinierender und überraschender sind da die Berührungspunkte. Der Einsatz von computergesteuerten Bearbeitungsmaschinen und modernsten Fertigungsanlagen erweitern heute den Einsatz von Holz durch neue technische und gestalterische Erfindungen.

Historie und HighEnd
Die Ausstellung “wood loop – auf biegen und brechen” versammelt sowohl historische wie auch aktuelle Techniken und Beispiele von geformtem Holz.
Es beginnt mit natürlich gewachsenen Krummhölzern, die als Findlinge in ihrer natürlichen Form verwendet wurden, wie beispielsweise Heugabeln oder ähnliches einfaches bäuerliches Gerät. Ein sehr altes und entwicklungsgeschichtliches Verbindungsglied zur textilen Verarbeitung bilden Flechttechniken, die von Weidenkörben bis zu geflochtenen Wandelementen reichen. Verleimtechniken folgten, die Holz in biegsame, dünne Bretter bis hin zu Furnieren aufschnitten, um sie dann in einer neuen Form wieder zu verleimen. Der Instrumentenbau, Baukonstruktionen und später das industriell gefertigte Leimholz sind Beispiele dafür.
Ab 1830 begannen Michael Thonet, aber auch andere Erfinder und Hersteller mit Versuchen zum Einsatz von zuerst schichtverleimten, dann gebogenem Holz.

Heugabeln, Weidenkörbe, Gitarren oder auch Schlitten und Gebrauchsobjekte geben einen Überblick zur Geschichte der Verfahren. Dargestellt wird auch der prägende Einfluss von Designpionieren wie Michael Thonet, Alvar Aalto oder Charles und Ray Eames auf die heutige Formholzproduktion. Aus ihrer jahrelangen und intensiven Forschungsarbeit entsprangen einige der wichtigsten Ikonen des industriell produzierten Holzmöbels. Ihnen gegenüber stehen zeitgenössische Beispiele aus den Werkstätten der Werkraum Mitglieder. Die Schau gibt Einblick in unterschiedliche Verfahren, in die Verarbeitung und Produktion von Formholz und sie vermittelt mit Experimenten, Exponaten und Installationen aus Architektur, Kunst und Design das vielfältige Potenzial dieses faszinierenden Materials.

Die Verbindung von Natur und Computertechniken
Mit “dukta” entwickelten die Schweizer Gestalter Christian Kuhn und Serge Lunin ein vielversprechendes Verfahren, bei dem über computergesteuertes Einschnitte in Holz und Holzwerkstoffen, formflexible Produkte und Systeme geschaffen werden können, die bisher aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht realisierbar waren. Ein Bereich der Ausstellung ist diesem Verfahren gewidmet.
„Zip-Shape“ nennt sich ein anderes Verfahren, bei dem Holzwerkstoffe durch ebenfalls computergesteuerte Einschnitte in zwei flexible Materialhälften aufgeschnitten werden, die gemeinsam verleimt eine steife zweidimensional frei geformte Fläche ergeben. Entwickelt wurde es vom Architekten Christoph Schindler, vom Büro Schindler Salmaron aus Zürich, bei dem für eine 5-achsige CNC-Maschine eine Applikation für das CAD Programm „Rhino“ programmiert wurde.
Zu beiden Verfahren werden grundlegende Anwendungsbeispiele gezeigt, die ihren Möglichkeiten und in ihrer Umsetzung in Produkten noch vielfach erweiterbar sind.
Namhafte Gestalterinnen und Gestalter aus den Bereichen Design, Architektur und Kunst haben zudem eigens Projekte entwickelt, die nach dem ersten Auftritt in Winterthur in Andelsbuch präsentiert werden: Annette Douglas Textiles, fries & zumbühl, greutmann bolzern designstudio, Christopher T. Hunziker. Eine didaktische Ausstellung und eine Möglichkeit abseits der wirtschaftlichen Zwänge des wirtschaftlichen Alltags über einen Werkstoff nachzudenken und auch Experimentierfelder zu betreten.
Robert Fabach

1 Aus “La revue La Pomme de pins“, Francis Picabia, 1922
Links:
www.werkraum.at
www.dukta.com
www.thonet.de